Interview - Viel Bjerkeset Andersen

Viel Bjerkeset Andersen
GUT GEPLANTE UND
GUT INTEGRIERTE
KUNSTPROJEKTE KÖNNEN
LEBEN RETTEN
KrampeHarex:
Viel Bjerkeset Andersen, Sie und KrampeHarex® haben beide am Bau des Ryfast-Tunnels mitgewirkt. Unsere Fasern verstärken den Spritzbeton, der die Tunnelwände festigt. Welchen Beitrag zur Tunnelsicherheit leisten Ihre Kunstwerke?Viel Bjerkeset Andersen:
Der intelligente Ausbau von Straßen und Tunneln, höhere Geschwindigkeiten, höhere Fahrzeugzahlen und gestiegene Umweltbelastung haben dazu geführt, dass neue Hochgeschwindigkeitsstraßen unterirdisch oder fern dicht bebauter Gebiete angelegt werden. Somit geht dem Akt des Reisens eine wichtige Komponente verloren, nämlich die Komponente der Anwesenheit von Menschen und Kultur – unserer Identität. Reisen ist dann nicht mehr eine Geschichte mit verschiedenen Kapiteln. Somit fehlen wichtige Einzelheiten und örtliche Orientierungspunkte, die zur Geschwindigkeits- und zur Ortsbestimmung dienen. Um Monotonie, Ermüdungszuständen und Tunnelangst vorzubeugen, müssen wir neue Orientierungspunkte schaffen.Um den positiven Bedarf an ortsbezogenen Kunstprojekten im Straßenumraum zu untersuchen, sind die Projekte eng mit der wissenschaftlichen Forschung zur Verkehrssicherheit verbunden; die vorgeschlagenen ortsbezogenen Kunstprojekte werden sowohl an einer zufälligen Auswahl von Verkehrsteilnehmern als auch an einer gezielten Auswahl von Verkehrsteilnehmern mit hohem Unwohlsein gründlich getestet. Die Tests werden stets mit den Reaktionen einer Vergleichsgruppe ohne Kunstprojekte abgeglichen. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Kunsterfahrungen im Rahmen von großen Straßenbauprojekten neue Identitäten und Wiedererkennungswerte schaffen. Sie ermöglichen ein besseres Verständnis von Geschwindigkeit, Raumbegrenzungen und Dimensionen, was gleichzeitig für mehr Verkehrssicherheit sorgt. Gut geplante und gut integrierte Kunstprojekte können Leben retten
Neue Orientierungspunkte gegen Monotonie,
Ermüdungszustände und Tunnelangst
»Wir brauchen gewissermaßen geistige Pausen.«
Krampe Harex
Ihre Kunstwerke sind häufig auf einen bestimmten Ort bezogen. Wie spiegelt sich in Ihrem Projekt „Behind the Breath“ die Tatsache wider, dass Ryfast ein Unterseetunnelsystem und der Ryfylke-Tunnel der längste Unterwasserstraßentunnel der Welt ist?
Viel Bjerkeset Andersen
In einem Tunnel hat man kein Gefühl dafür, wo man sich gerade befindet, vor allem in Tunneln, die so lang sind, dass man fast vergisst, wie es draußen aussieht. Im übertragenen Sinne kann man die Vorbereitungen für so einen langen und tiefen Unterwassertunnel mit der Art und Weise vergleichen, mit der sich große Meeressäuger auf das Abtauchen vorbereiten: hoch und runter, um sich für das tiefe Abtauchen zu rüsten. Um den tiefen Tauchgang durch den Tunnel zu bewältigen, brauchen wir gewissermaßen geistige Pausen. Eine leuchtende Blase auftauchen zu sehen und dann plötzlich über eine Brücke in einen großen, offenen Raum, einen Tunnel mit einem ungeheuer klaren, blauen Licht, hineinzufahren, vermittelt einem das Gefühl, endlich tief und ordentlich atmen zu können!
Blaues Licht vermittelt einem das Gefühl, endlich tief und ordentlich atmen zu können!
»DURCH MICH ALS KÜNSTLERIN IM TEAM HAT SICH DIE MENTALITÄT DES PROJEKTS VERÄNDERT«
Krampe Harex
Wie gestaltet sich für einen Künstler die Zusammenarbeit mit Technikern und Ingenieuren, die aus der Bauindustrie kommen? Was können sie von Ihnen als Künstlerin lernen und was haben Sie von deren Beruf gelernt?
Viel Bjerkeset Andersen
Zwischen der Arbeit an »normaler» Auftragskunst mit Kuratoren und einem Auswahlkomitee als sicherem Puffer zwischen Künstlern und Kunden und der künstlerischen Arbeit auf einem eher selbstständigen Standpunkt, wie zum Beispiel als Teil eines Projektteams, besteht ein ziemlich großer Unterschied. Hier arbeitet der Künstler gleichberechtigt mit den Architekten, Landschaftsarchitekten oder Ingenieuren. Das ist eine viel dynamischere Arbeitsweise. Man muss aufmerksam sein, sich der Sache stellen und Veränderungen oder neue Randbedingungen schnell erfassen. Das gefällt mir. Ich habe diese Marotte, Kunst für eine Denkweise zu halten und nicht für ein Endergebnis, das man sich über einen Zeitraum oder in einem bestimmten Verfahren erarbeitet, wie das bei einer Skulptur, einem Gemälde oder einem Objekt der Fall ist. Wenn Künstler in Diskussionen über Gesellschaft, Stadtplanung oder andere gesellschaftliche Beziehungen eingebunden werden, wird das Niveau der entsprechenden Projekte gesteigert. Wir Künstler dürfen nämlich die dummen Fragen stellen, auch wenn ich mir in so einem Rahmen manchmal eher wie der Hofnarr vorkomme. Als teilnehmender Künstler in einem Team habe ich die Gelegenheit ergriffen, die Mentalität des Projekts zu ändern.
Hier arbeitet der Künstler gleichberechtigt mit den Architekten, Landschaftsarchitekten oder Ingenieuren zusammen
»KUNSTWERKE IN DER VERKEHRSINFRASTRUKTUR HABEN EINE WAHRNEHMUNGSSCHWELLE VON WENIGEN SEKUNDEN«
Krampe Harex
Viele Ihrer Kunstwerke stehen im Kontext von Verkehrsinfrastruktur. Was fasziniert Sie an der Arbeit in diesem Bereich? Was ist der Unterschied zwischen Ihren Infrastrukturprojekten und anderen Kunstwerken in Ihrem Portfolio?
Viel Bjerkeset Andersen
Nach dem Vorbeifahren wirkt das Kunstwerk im Kopf des Fahrers nach
»EINE DER KLÜGSTEN ENTSCHEIDUNGEN MEINES LEBENS«
Krampe Harex
Viel Bjerkeset Andersen
Na ja, mir fiel früh auf, dass die Kunstwelt ziemlich klein und engstirnig war, vor allem gegenüber Künstlern, die sich für ortsbezogene Kunst interessieren. Als ich Mitte der neunziger Jahre mein Studium abschloss, hatte man eine geringe Meinung von ortsbezogenen Kunstprojekten und öffentlicher Kunst, was in vielerlei Hinsicht heute noch immer zutrifft. Ich wollte etwas bewegen und ich sah Potenzial für ortsbezogene Kunstprojekte in quasi unbeachteten Bereichen wie Verkehrsinfrastruktur und Autobahnen. Und vor allem ging ich nicht davon aus, von einem einflussreichen Kurator oder einer hilfreichen Galerie entdeckt zu werden, also beschloss ich, als Einzelkämpferin meine Karriere außerhalb der abgesteckten Kunstwelt zu verfolgen. Es gab keinerlei Aufmerksamkeit für die Bereiche, die mich interessierten, und andere Künstler hielten meine Arbeiten für eine Provokation. Auch wenn ich mich ziemlich alleingelassen fühlte, würde ich es auf jeden Fall für Etappenziele halten, dass es mir gelungen ist, mehrere große Kunstprojekte umzusetzen und zu realisieren, was dies für eine großartige Erfahrung gewesen ist und dass ich dadurch enorm viel gelernt habe. Wäre ich den üblichen Weg gegangen, könnte ich das überhaupt nicht als selbstverständlich betrachten. Diese vor ungefähr 30 Jahren gefällte Entscheidung war eine der klügsten Entscheidungen meines Lebens.

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